Sonnenflut

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Angst vor dem Weltuntergang? Kein Bange! Die interstellare Reise geht garantiert weiter! Wie das im Einzelnen aussehen könnte, haben sich die Akteure der musischen Arbeitsgemeinschaften an der Kopernikus-Realschule ausgedacht. Herausgekommen ist ein farbenfrohes Spektakel, das die Zuschauer auf eine rund zweistündige mitreißende Abenteuerfahrt in die unendlichen Weiten des Weltraumes entführte.

Wahrscheinlich hat jedermann schon einmal nachts auf dem Heimweg über die Sterne am Firmament sinniert. Was mag sich wohl in diesen unvorstellbaren Weiten abspielen? Gibt es da noch etwas anderes? Und wie schaut es denn „da oben“ aus?

Das Publikum im Kursaal sah sich zur Aufführung des neuen Musicals in eben so einen weit entfernten Teil des Universums versetzt. Hier sind vor kurzem neue Sonnen entstanden, um die sich die intergalaktischen Wolken kümmern und darauf achten, dass  sich diese jungen Kraftwerke entwickeln, gedeihen und wachsen können. Aber solch jugendlichen  Sonnen geht es ebenso wie ihren menschlichen Pendants auf der Erde. Sie wissen nicht, wie sie mit den Veränderungen ihrer „Himmelskörper“ umgehen sollen, Grenzen wollen ausgelotet werden und die heranwachsenden Sterne müssen im Verlauf von vielen Kämpfen ihren Platz in der Welt der Großen erobern. So überrrascht es den Zuschauer nicht, wenn er beobachtet, wie die pubertierenden Himmelsstürmer Probleme wegen ihrer allzu heftigen Begeisterung für ein schwarzes Loch in Schwierigkeiten geraten. Solch eine finstere Gestalt umgibt zwar zweifelsohne eine faszinierenden Aura. Doch wer ihr zu nahe kommt, droht verschlungen zu werden. Und dann sind da auch noch die kosmischen Eisskulpturen. Diese Säulen aus kaltem Wasserstoff sind natürlich wenig begeistert, wenn in ihrer Nähe junge Sterne immer aktiver werden und mit ihrer überbordenden Energie eine wahre „Sonnenflut“ auslösen. Schnell wird klar, dass diese unterkühlten, harten und unnachgiebigen Figuren und die quirligen naiv-sorgenlosen Sonnen aneinander geraten müssen. Selbst die Vermittlungsversuche der immer auf Ausgleich bedachten Wolken scheitern und es kommt zum Kampf, der auf beiden Seiten Opfer fordert. Friede und Eintracht im Weltall scheinen für immer verspielt zu sein! Doch da tritt der „Good Scientist“ und seine „Komischen Heiligen“ auf den Plan. Dieser Weltenarchitekt mit seinem  unterhaltsamen Hofstaat ist geübt im Vermitteln und  nach langwierigen Verhandlungen gelingt es ihm tatsächlich, den Kontrahenten klar zu machen, dass sie die Zukunft nur gemeinsam meistern können. Mit dieser Einsicht brechen sie auf zu neuen Ufern. Die Welt ist gerettet.

Mit dieser vierten Ausgabe eines Musicals zum Themenkomplex Astronomie findet auch eine wahre „Space Odysee“ ihr würdiges Ende. In den letzten acht Jahren haben die Schülerinnen und Schüler der Kopernikus-Realschule gemeinsam mit ihren betreuenden Lehrern, einer Vielzahl freiwilliger Helfer, großzügigen Sponsoren und nicht zuletzt ihren unermüdlichen Eltern  immer wieder begeisterte Zuschauer in ferne fanatsievoll gestaltete Welten entführt. Auch diesmal zeigt sich, dass ebendieser Funke der Musicalbegeisterung zündet und im vollbesetzten Kursaal die Freude an einer überaus bemerkenswerten Schulaufführung entfacht.

Schon die jungen Sonnen (Jennifer Schmidt, 9a; Jaqueline Berger, 8a; Annika Löblein, 8a; Jennifer Stabel, 8b; Erika Imker, 7b) ziehen mit ihrem ausgelassenen und fröhlich übermutigen Spiel das Publikum in ihren Bann und zünden tatsächlich gleich zu Beginn der Vorstellung mit dem Song „Firework“ ein Feuerwerk der Spielfreude. Doch auch die anderen Teile des Ensembles wissen zu überzeugen. Wenn die Eisskulpturen (Malin Häfner, 9a; Ann-Sophie Weidling, 9b; Mesa Schimmmer, 9c; Revana Martenn, 8e; Mara-Lena Flöhl, 8e)  in dem Song „Welcome to my life“ imponierend ausdrücken, wie es ist, wenn man als Außenseiter herumgestoßen wird, dann wird schnell klar, wie sich  Wut, Trotz und Frust in diesen eiskalten Engeln aufgestaut haben und dass mit diesen frostigen Figuren nicht zu spaßen ist. Zusammen mit dem Schulchor bauen sie mit dem Lied  „World so cold“ förmlich akustisch eine Wand, die den Kampf der Elemente brillant illustriert.

Da können auch die matronenhaften Wolken nicht helfen (Samantha Volkert, 10b; Rebecca Radutiu, 10e; Elena Kaspar, 9e; Ines Avetisjan, 8c), die einsehen müssen, dass sie die jungen Sonnen überbehütet haben. Ihr einfühlsam und pointiert vorgetragenes „Wide awake“ vermittelt eindrucksvoll die innere Zerissenheit dieser Gestalten, deren gutes Wollen letztlich nur zu Streit und Missgunst geführt haben.

Einen quirligen Kontrapunkt dazu bilden die „Komischen Heiligen“ (Melanie Kühweg, 9c; Angelina Halle, 8d; Yvonne Stroka, 8d; Johanna Rost, 6c). Sie bringen wieder frisches Leben in die Bude und wenn sie gekonnt lässig bekunden, dass sie „Nur noch kurz die Welt retten“ müssen, dann nimmt man es ihnen sofort ab, dass dies nur ein kurzes Fingerschnippen kosten würde. Doch auch Iris Topcu, die als „Good Scientist“ quasi der Boss ist, und mit ihrem Eingreifen wieder alles in Lot bringt, weiß zu überzeugen.

Darüber hinaus rührt die musikalische Einlage dreier Newcomer an. Die Sechstklässlerinnen Julia Fischer, Anna-Joy Desch und Thea Heßlinger geben eine dermaßen fabelhafte Interpration von „Jar of hearts“ zum Besten, dass ein begeistertes Raunen durch das Publikum geht.

Komplettiert wird diese ebenso tonsichere wie spielfreudige Schar durch durch zwei Chöre, die jederzeit stimmlich zu überzeugen wissen. Dabei bilden die lebhaften hellen Stimmen des über hundertköpfigen Schülerchores und die unprätentiös reifen Organe des Lehrerchores einen gleichwohl harmonischen wie reizvollen Kontrast.

Auf gleich hohem Niveau agiert die Begleitband aus aktuellen und ehemaligen Schülern (Thomas Hähnlein,  Christoph Schick, Marius Beyer, Manuel Scheurer, Leah Althapp).

So gut unterhalten vergehen die 120 Minuten wie im Fluge und OB Udo Glatthaar bringt als beeindruckter Gast die Stimmung der Zuschauer prägnant zum Ausdruck:“Ich bin begeistert vom Enthusiasmus aller Beteiligten.“

Doch bei aller Freude über eine Aufführung, die wieder einmal scheinbar schwerelos Lächeln, Lachen und Freude auf die Gesichter der Zuhörerschaft gezaubert hat, mischt sich diesmal auch Wehmut. Das Team aus den betreuenden Lehrkräften Regina Heinkel, Sandra Kaulbersch, Bettina Fischbeck, Steffi Haas und Steffen Heinkel beendet mit „Sonnenflut“ seine erolgreiche Musical-Arbeit. Insbesondere Regina Heinkel stand als „Fixstern“ in den letzten zwanzig Jahren im Mittelpunkt dieses Schaffens. In diesem Zeitraum brachte sie mit insgesamt über 600 Schülern acht Musicals zur Aufführung gebracht. Ebenso oft hat die Teamplayerin mit verschiedenen Kolleginnen und Kollegen den „Abend am Kamin“ gestaltet. An ihrem letzten Abend als Chorleiterin hatte sich „ihr“ Chor zusammen mit Schulleiter Heiko Knebel eine besondere Überraschung ausgedacht. Zum Abschluss stimmte der Chor ein Abschiedslied an, das eigens dafür in sonntaglichen Geheimsitzungen in der Schule geprobt wurde und der Rektor höchstpersönlich versuchte sich als Dirigent während via Foto zwanzig Jahre kopernikanische Musicalgeschichte vorbeizogen.

So machten engagierte Schüler aus einem furiosen Finale der Muscials an der Schule eine emotionale Abschiedsshow mit Gänsehautgarantie und der einen oder anderen Träne im Knopfloch.

 

Manfred Litwitz