Drittes galaktisches Musical

Drittes galaktisches Musical an der Kopernikus-Realschule Bad Mergentheim
 
 
 
Dies Ater – Der schwarze Tag – ein Himmelstheater
 
Begeisternde Aufführung mit über 140 Mitwirkenden
 
Heut´ ist Weltuntergang, was machen wir morgen? So könnte man die Stimmung hier momentan beschreiben. Wohin man sieht nur Chaos und Endzeitstimmung: Bankenkrise, Wirtschaftskrise und Bildungsmisere! Überall gehen die Lichter aus, denn keiner weiß, wie´s weiter gehen soll. Und wie schaut es an unseren Bildungsanstalten im hochgelobten Musterländle aus? An der Kopernikus-Realschule wird es sogar ganz zappenduster, denn hier schreckt man nicht einmal davor zurück, den wichtigsten Lebensspender des Sonnensystems zu meucheln.
Im letzten Teil der „galaktischen“ Musical-Trilogie führen nämlich die Protagonisten von Chor und Musical-AG dem faszinierten Publikum vor Augen, wie sie sich den Tod unserer Sonne dereinst vorstellen. Auch dieses dritte musikalische Schauspiel wurde in weiten Teilen von den beteiligten Schülern entworfen, erarbeitet und in Szene gesetzt. Und wieder nahm man sich sozusagen eines „Astro-Themas“ an. Nachdem das erste Musical im Jahr 2006 das Leben und Wirken von Nikolaus Kopernikus thematisiert hatte und zwei Jahre später die Sternkreiszeichen zum Leben erweckt wurden, sollte nun das Drama um das endzeitlichen Sterben der Sonne den krönenden Abschluss eines außerordentlichen schulischen Projektes markieren. Und wieder einmal zeigte sich, dass die so gern gescholtene „Jugend von heute“ Erstaunliches zu leisten vermag, wenn man sie nur richtig motiviert, anleitet und ihr Raum zur Erprobung der eigenen Fähigkeiten gibt. Dies scheint den maßgeblich betreuenden Lehrkräften des Projekts Regina Heinkel, Bettina Fischbeck, Sandra Kaulbersch und Steffen Heinkel vorzüglich gelungen zu sein, denn die jugendlichen Akteure zauberten bei der Premiere am Montagabend eine wahrlich himmlische Atmosphäre in den Bad Mergentheimer Kursaal.
Die scheint zu Beginn des Abends noch rein und ungetrübt, sieht man doch die erhabene Sonne, die –umringt von ihren drei treuen Dienerinnen- wieder einmal den Beginn des neuen Tages zelebriert. Heiter und entspannt geht´s da zu am Firmament. Da gibt´s unbeschwerte Balgereien und die himmlischen Hilfskräfte der Sonne liefern sich gerne einmal eine zünftige Kissenschlacht. Doch nicht alles ist so locker leicht, wie es scheint. Bereits zu Beginn des Tages wirkt der strahlende Stern müde, abgekämpft und lustlos und fragt sich besorgt „Wat´s up?“ – Was ist denn mit mir los? Da man den fröhlichen Lichtball so schwermütig gar nicht kennt, machen sich die Dienerinnen der Sonne ernste Sorgen um das Wohlergehen ihres einst hell strahlenden Vorbildes. Und was hilft am besten bei Trübsinn und Niedergeschlagenheit? Genau, eine Party muss her! Schnell werden die besten Freunde, die Planeten, eingeladen. Doch selbst die wohlvertraute Erde, der kesse Merkur, der weit gereiste Saturn und der coole Jupiter dringen mit ihren Durchhalteparolen nicht durch. Nicht einmal der bärbeißige Mars kann eine Reaktion provozieren. Der mitreißende Appell „Shine“ – „Los, scheine doch wieder“- verhallt wirkungslos. Die Tage der Sonne sind gezählt. Sie verglüht und reißt die umgebenden Planeten mit sich.
Was bleibt, ist tiefe Dunkelheit. Jetzt ist die Zeit der stets mürrischen Königin der Nacht gekommen. Konnte sie bislang lediglich, übel gelaunt, das bunte Treiben im Licht aus der Ferne beobachten, so reißt sie nun das Heft des Handelns an sich. Mit ihrem Gefolge – drei düsteren Gangster-Typen – übernimmt sie die Macht im bislang so idyllischen Himmels-Nirvana und macht aus der überirdischen Gute-Laune-Oase einen Hort der Zwietracht und der Niederträchtigkeit. Insbesondere die überlebenden Dienerinnen der Sonne werden bevorzugte Zielscheiben des gehässigen Treibens dieser gemeinen Sippschaft. Doch die Wärme und das Licht, das die verblichene Sonne ihren Schützlingen mit auf den Weg gegeben hat, kann sogar die verhärteten Herzen der Finsterlinge erweichen und die bedrohliche Allmacht der Königin der Nacht ins Wanken bringen. Die trifft das Umschwenken ihrer Hofschranzen zwar sehr, doch geschlagen gibt sie sich noch lange nicht. Soll sich doch das ganze Firmament gegen sie verbünden, ihrer Macht auf die Wesen tut das keinen Abbruch. Erst als die mysteriöse Himmelsbotin Elektra auf den Plan tritt und ihr klar macht, dass die Finsternis nicht ohne das Licht existieren kann, sieht die dunkle Herrscherin ein, dass sie nur gemeinsam mit den anderen himmlischen Wesen existieren kann. Gemeinsam mit den von Elektra neu geschaffenen jungen Sonnen und deren Planeten reiht sie sich wieder ein die kosmische Ordnung. Der Tag ist wortwörtlich gerettet.
Der routinierte Beobachter des beginnenden 21. Jahrhunderts mag an dieser Stelle fragen: „Na, ist das alles nicht ein bisschen naiv? Gut und Böse kämpfen, der eine siegt scheinbar, realisiert aber anschließend schnell, dass jetzt irgendwie mit dem Gegner auch der Antrieb für das bisherige Handeln abhanden gekommen ist? Dann präsentiert die Geschichte eine wundersame Zauberergestalt, die alles und jeden versöhnt? Ist das nicht zu glatt und zu harmonisch? Manch einer mag sich vielleicht etwas mehr Ironie und Distanz wünschen, mehr Abgeklärtheit. Aber haben wir in den letzten zehn Jahren wahrlich nicht genug Ironie und Distanz auf allen gesellschaftlichen Ebenen erlebt? Und würde uns allen nicht etwas mehr wahrhaftige Naivität, zutrauliche Arglosigkeit und großäugiges Kinderstaunen über die Welt gut zu Gesichte stehen, statt besserwisserischem Zynismus, zwanghafter Coolness und großmäuliger Abgeklärtheit?
Und genau diese Form von Naivität schenkt ein fabelhaftes Ensemble dem Zuschauer für gut anderthalb Stunden. Die Dienerinnen der Sonne (Sybille Bayer, 9c; Veronika Ruf, 8d, Stefanie Neu 8d) legen eine Spielfreude an den Tag, dass einem das Herz auf geht und wenn die bezaubernd schöne Sonne (Tanica Kinscher, 10a) den Blick sehnsuchtsvoll wehmütig in die Ferne schweifen lässt, möchte man ihr wünschen, dass sie doch bald die lang ersehnte Ruhe bekommen möge. Diana Senmajer (Klasse 10a) ist genau so, wie man sich eine Königin der Nacht vorstellt: fies, zynisch, aufbrausend und ungerecht. Mit beeindruckender Präsenz gelingt es ihr, einen weiblichen Bösewicht zum Leben zu erwecken, der viele Facetten erahnen lässt und stets bedrohlich wirkt. Ihr Gefolge (Mike Ritter, 10a; Alexander Wakan 8d; Eric Mack, 8d) weiß die Zuschauer mit Dynamik und Tatkraft zu überzeugen. Victoria Rost schließlich als die geheimnisvolle Elektra zeigt ein stimmliches Potential, das seinesgleichen sucht und sicherlich das Gros der DSDS-Aspiranten alt aussehen lässt.
Doch das sind nur einige Akteure in einem Ensemble, das durchweg mit weit überdurchschnittlichen Leistungen die Zuhörerschaft begeistert. Dem stimmgewaltigen Chor merkt man die Freude am Singen zu jeder Sekunde der Aufführung. Hier singen tatsächlich Menschen, die „ihre“ Musik machen dürfen. Die Schulband agiert präzise auf einem Niveau, das beeindruckt.
Der Schulleiter der Kopernikus-Realschule, Heiko Knebel, fasste anschließend seine Eindrücke folgendermaßen zusammen: „Das war heute das dritte galaktische Musical. Galaktisch bedeutet im Wortsinn soviel wie fantastisch oder phänomenal. Genau das haben wir gerade erlebt.“ Sein Dank für die überaus gelungene Aufführung galt natürlich zuerst den agierenden Schülern, aber auch allen beteiligten Personen, dem Kollegium und den Vertretern der Stadt. In diesem Zusammenhang hob er besonders Franz Adam als ehemaligen Rektor und langjährigen Förderer der Musical-Arbeit an der Schule hervor, daneben würdigte er außerordentlich die Arbeit von Dr. Norbert Schön, der als Vorsitzender des Fördervereins der Schule immer kompetenter Ansprechpartner für die Finanzierung der Musicals war.
Daran anschließend machten lang anhaltender Applaus und zahlreiche Zugaben sowohl den anwesenden Zuschauern als auch Darstellern schnell klar, dass man soeben wieder eine Sternstunde in der Geschichte der Kopernikus-Realschule erlebt hatte.
 
Zu guter Letzt ließen es sich die Schüler nicht nehmen, sich im Namen der gesamten Schulgemeinschaft musikalisch von „ihrer“ Schulsekretärin Stefanie Batzel zu verabschieden, deren Weggang von der Schule allerorten als schmerzlicher Verlust empfunden wird.
Übrigens, wer jetzt Lust auf lebendige und richtig gute Schulmusik bekommen hat: Für die Aufführung am morgigen Mittwoch sind noch Karten direkt beim Einlass erhältlich!
Manfred Litwitz
 
Bilder (alle Manfred Litwitz)
-          P1050307.JPG: Das Gefolge der Königin der Nacht (v.l. Aleaxander Wakan, Mike Ritter, Eric Mack).
-          P1050317.JPG: Die Darsteller von Dies Ater:  (vordere Reihe v.l.: Katja , Mercy Dehner, Anne-Sophie Weidmann, Stephanie Löblein, Melanie Kühweg, Chiara Pröger, Vivien Walter, Malin Häfner, Heike Böhm, Milena Schielke; mittlere Reihe v.l.: Christina Hotz, Selina Vierneißel, Christina Bauer, Luisa Molnar,  Tatjana Vunjak-Milanovic, Karina Schneider; hintere Reihe v.l.: Sybille Bayer, Stefanie Neu, Veronika Ruf, Alexander Wakan, Tanica Kinscher, Victoria Rost, Diana Senmajer, Eric Mack.)
-          P1050325.JPG: Darsteller und Teil des Chores; Darsteller: :  (vordere Reihe v.l.: Katja Goncalves, Mercy Dehner, Anne-Sophie Weidmann, Stephanie Löblein, Melanie Kühweg, Chiara Pröger, Vivien Walter, Malin Häfner, Heike Böhm, Milena Schielke; mittlere Reihe v.l.: Christina Hotz, Selina Vierneißel, Christina Bauer, Luisa Molnar,  Tatjana Vunjak-Milanovic, Karina Schneider; hintere Reihe v.l.: Sybille Bayer, Stefanie Neu, Veronika Ruf, Alexander Wakan, Tanica Kinscher, Mike Ritter, Victoria Rost, Diana Senmajer, Eric Mack.)
-          P1050399.JPG: Das gesamte Ensemble von „Dies Ater“ Schlussbild
-          P1050436.JPG: Die „Bösen Buben“ der Königin der Nacht sehen ihre Fehler ein und flehen um die Gunst der Dienerinnen der Sonne (v.l.: Alexander Wakan, Veronika Ruf, Sybille Bayer, Mike Ritter).