Wenn der Stier mit der Jungfrau anbändelt

Wenn der Stier mit der Jungfrau anbändelt
 
Aufführung des zweiten galaktischen Musicals an der Kopernikus-Realschule
Wieder einmal konnten der Chor der Kopernikus-Realschule zusammen mit der Tanztheater-AG und der Schulband ihren Zuschauern eine furiose Darbietung präsentieren.
„Das war einfach galaktisch“, so die einhellige Meinung des Publikums. Das zweite galaktische Musical der Kopernikus-Realschule war ein Riesenerfolg. Unter dem Titel „Sternenwelt – ein Himmelsspiel mit viel Phantasie“ wurden die Zuschauer für zwei Stunden in die Welt von Taurus, dem Stier und der Jungfrau entführt.
Wie schon in den vergangenen Jahren hat ein engagiertes Team aus Lehrern, Schülern und Eltern wieder eine Aufführung von beachtlicher Qualität auf die Beine gestellt. Blieb man vor zwei Jahren bei dem Musical „Copernicus“ noch im heimischen Planetensystem, so wurden die Zuschauer diesmal in noch entferntere Welten entführt.
Diesmal erwachen die Sternzeichen zum Leben und entwickeln ein mitunter recht menschliches Verhalten. Die quirligen Zwillingen, überaus lebhaft und mitreißend verkörpert von Larissa Herm und Tanica Kinscher, toben gleich mal zu Mikas „I don´t feel like Dancing“ durch das Firmament, dass die Fixsterne wackeln.
Der stolze Stier, kaum erweckt, verliebt sich in die zarte Jungfrau und bringt auf diese Weise die gesamte Ordnung der Sterne in Gefahr. Denn das Sternbild der Fische hat rein gar nichts für die Frühlingsgefühle der beiden Turteltauben übrig und will den Rest der Sternenschar aufwiegeln. Diese Haltung bringt der Chor durch seine Interpretation des Pink-Floyd-Klassikers „Wish You Were Here“ gefühlvoll zum Ausdruck. Jamsin Serwinski weiß in der Rolle dieses Sternbildes zu überzeugen. Ihre facettenreiche Darstellung, die von Koketterie bis Verzweiflung reicht, beeindruckt das Publikum. So macht sie sich in der Sternenwelt auf die Suche nach Verbündeten, die ihre tiefe Abneigung gegen diese Liebe teilen. Nichts liegt näher als ihr nächster Verwandter, der Wassermann. Doch der ist auf einem ganz anderen „Trip“. Wie ein Vertreter der Achtundsechziger-Generation setzt er auf das Motto Peace. Passend dazu wird der Flower-Power-Hit „Aquarius“ aus dem Musical „Hair“ von Selina Rudolph stimmgewaltig dargeboten. Also muss der intrigante Fisch weiter um Verbündete buhlen. Doch auch beim Krebs (Maike Reinhard) beißt er auf Granit. Im Löwen (Kimberly Vogt) dagegen findet er einen Komplizen. Herrschsüchtig will jener die Liebe der Jungfrau unterdrücken und sagt dem Stier den Kampf an. Er schart die Tierkreiszeichen des südlichen Sternenhimmels um sich. Die gewaltsame Auseinandersetzung scheint unausweichlich! Auch im Norden macht man mobil. Der Stier, eindrucksvoll verkörpert durch Georg Patermann, übernimmt die Führung und stellt sich mit dem Rock-Klassiker „Eye of the Tiger“ zum Kampf. Der Schütze (Jessica Rinner) versucht mit seiner philosophischen Geisteshaltung die Eskalation zu verhindern. Er fordert die streitenden Parteien auf, Geduld zu üben. Diese „Patience“ beeindruckt nicht nur die beteiligten Streithähne, auch der gespannte Zuschauer kann für einen Moment durchatmen und den klangvollen Gesang von Jessica Rinner genießen.
Doch der Konflikt ist beileibe nicht so schnell beizulegen. Der verbitterte, verhärmte und ewig übelgelaunte Skorpion, eindringlich und intensiv dargestellt von Marie-Christin Flöhl, sieht die Chance gekommen, sein Gift zu verspitzen und stachelt die Beteiligten noch einmal zum Kampf an.
Auch der Steinbock (Isabell Dehner), sein heimtückischer und arglistiger Freund, schürt den Konflikt weiter an. Das Himmelsgewölbe erzittert unter dieser Auseinandersetzung. Zum Glück erscheint kurz vor dem ultimativen Kampf die majestätische Waage (Eileen Krause). Durch ihr ausgleichendes Wesen gelingt es ihr, die Streithähne zur Besinnung zu bringen.
Denn es ist egal, ob man gewinnt oder verliert: “It´s a Question of Honour“, so lautet ihr Credo. Bei jeder Entscheidung kommt es darauf an, später erhobenen Hauptes in den Spiegel sehen zu können.
Diese weise Einsicht besänftigt die wutentbrannten Raufbolde des Sternenhimmels. Eigentlich wäre jetzt alles in bester Ordnung, denn in der Zwischenzeit ist der Widder (Sabrina Hayn) wieder aufgetaucht, der wegen der ganzen Streiterei verschwunden war. Doch auch das umstrittene Liebespaar muss noch einmal die Konsequenzen seiner Leidenschaft überdenken. Würde der Stier die Jungfrau tatsächlich in seine Sphäre holen, brächte das womöglich das gesamte Sternensystem durcheinander. Also, was bleibt? Die unglücklich Verliebten haben keine Wahl. Beide müssen an ihren angestammten Plätzen verharren, damit nicht das gesamte Weltall ins Chaos stürzt. So kann die schöne Jungfrau nur noch von ihrem Geliebten Abschied nehmen. Diana Senmajer verleiht der Wehmut und der unerfüllten Sehnsucht diese Sternbildes mit dem Song „My Heart will Go On“ eine eindringliche Intensität. Ein Musical ohne Happy-End? Und das bei einer Schulaufführung!
Das scheint gewagt. Andererseits entspricht es der Arbeitsweise der betreuenden Lehrerinnen Regina Heinkel und Sandra Kaulbersch. Statt bei ihren Musical-Projekten auf Nummer sicher zu gehen, indem sie mit den Sängern und Schauspielern fertig ausgearbeitete Stücke einüben, machen sie sich mit den vielen Beteiligten zusammen daran, ein Bühnenwerk zu entwickeln. Das ist risikoreicher und anstrengender als der angesprochene Weg, aber allemal lohnend. Immer wieder fasziniert bei der Betrachtung der Musicals an der Kopernikus-Realschule wie intensiv Chor, Band und Solisten sich ihren Parts widmen. Denn schließlich ist es wirklich „ihr“ Musical. Außerdem wird man auf diese Weise immer mal wieder auf ungeahnte Talente aufmerksam. So zeichnet heuer wieder Georg Patermann verantwortlich für die fantasievollen Kostüme und das Grundgerüst der Liebesgeschichte.
Dem Publikum wird schnell klar, dass alle Beteiligten mit Herzblut bei der Sache sind. „Toll ist, dass gemeinsam etwas erarbeitet wird. Wir bilden ein Super-Team“, so das Statement der beiden Initiatorinnen dieses Schulevents. Dass zu dem Team neben den Genannten noch eine Vielzahl von Mitarbeitern gehört, versteht sich von selbst. Dazu gehören ebenso engagierte Eltern wie fleißige Schüler, rührige Lehrer und tatkräftige Angestellte der Schule. Denn von der Kartenverteilung über das Nähen der Kostüme bis hin zur Verpflegung der Gäste will alles organisiert sein. Kurz: So ein Riesenprojekt kann nur eine sehr aktive Schulgemeinde stemmen.
Man darf hoffen, dass die Schulgemeinde der Kopernikus-Realschule auch in Zukunft wieder viel Energie aufbringt, um solche Sternstunden des Schullebens für alle Beteiligten zu ermöglichen.
Timo Jung und Manfred Litwitz
Bilder (Manfred Litwitz)
Das Ensemble des Kopernikus-Musicals:
v.l. Larissa Herm (Zwillinge), Sandra Kaulbersch (Choreographie), Tanica Kinscher (Zwillinge), Jessica Rinner (Schütze), Maike Reinhard (Krebs), Karina Schneider (Wassertröpfchen), Jasmin Serwinski (Fische), Sabrina Hayn (Widder), Diana Senmajer (Jungfrau), Georg Patermann (Stier), Isabell Dehner (Steinbock), Selina Vierneißel (Wassertröpfchen), Selina Rudolph (Wassermann), Christina Hotz (Wassertröpfchen), Lena Jannik (Sternchen), Marie-Christin Flöhl (Skorpion), Eileen Krause (Waage), Sarah Kasch (Sternchen).
Die Sternkreiszeichen vor dem Kampf:
v.l. Jessica Rinner (Schütze), Marie-Christin Flöhl (Skorpion), Isabell Dehner (Steinbock), Kimberly Vogt (Löwe).
Stier und Jungfrau:
Georg Patermann und Diana Senmajer
Zwillinge:
v.l. Larissa Herm und Tanica Kinscher.